Wiesenbrüter
Vögel der Agrarlandschaft
Die Vögel der Agrarlandschaft nehmen gegenüber den anderen Lebensraumtypen überproportional ab. Daher wird in Brandenburg sowie in ganz Deutschland schon seit Jahrzehnten versucht, über Agrar-Umwelt-Programme, Ökolandbau und spezielle Schutzprogramme den Rückgang zu stoppen. Diese Programme sind lokal erfolgreich, aber können sie den negativen Trend insgesamt stoppen?
Um dies zu klären, wurden in der Vogelschutzwarte vierzig nach festgelegten Kriterien ausgewählte typische Brutvogelarten der Brandenburger Agrarlandschaft und deren Bestandsentwicklung von 1995 bis 2016 näher untersucht. Die Ergebnisse füllen ein ganzes Doppelheft der Zeitschrift „Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg“ (LANGGEMACH et al. (und andere) 2019). Dazu trug auch eine sehr umfassende Ursachendiskussion unter Beteiligung zahlreicher Fachleute bei. Diese bemühen sich seit vielen Jahren um Brückenschläge zwischen Landwirtschaft und Naturschutz und brachten auch viel landwirtschaftlichen Sachverstand ein.
Die Bilanz hat sich gegenüber der letzten Auswertung der Agrarvogeldaten zehn Jahre zuvor (LANGGEMACH & RYSLAVY 2010) weiter verschlechtert. Dies wurde verstärkt durch die Aufhebung der konjunkturellen Stilllegungen 2007 und die weitere Entwicklung der energetischen Biomassenutzung seitdem. Für den 22-jährigen Zeitraum ergab sich eine Gesamtabnahme um 42,2 Prozent bzw. 2,6 Prozent pro Jahr. Dabei wurden fünf Arten aus der Berechnung ausgeschlossen, da ihre Trends durch laufende Bestandsstützung und/oder intensives Bruterfolgsmanagement beeinflusst sind. Dies sind Wiesenweihe, Schreiadler, Fasan, Großtrappe und Steinkauz. Die stabilen bis zunehmenden Trends dieser Arten sind zwar als Erfolg der Managementmaßnahmen anzusehen, sie reflektieren jedoch nicht die Situation der Agrarlandschaft.
Von den 35 übrigen Arten zeigten 22 (63 Prozent) durchschnittliche jährliche Bestandsabnahmen um mehr als 1,0 Prozent, wobei 16 Arten sogar zwischen 3,0 und 13,5 Prozent jährlich abnahmen. Nur fünf Arten (14 Prozent) wiesen mittlere jährliche Zunahmen um mehr als 1,0 Prozent auf, und acht Arten (23 Prozent) waren im Bestand stabil. Der Anteil abnehmender Arten ist unter den Insektenfressern und bei den Feuchtgrünland-Arten wesentlich höher als im Durchschnitt aller betrachteten Agrarvogelarten. Bei den Bodenbrütern und Langstreckenziehern liegt er nur leicht über dem Gesamtmittel.
Parallel zu diesen überwiegend negativen Trends haben die Erträge bei den meisten Kulturarten im Untersuchungszeitraum zugenommen. Dies ist der Ansatzpunkt der Ursachenanalyse zu den Bestandsrückgängen. Im Ergebnis zeigt sich eine überaus vielfältige und komplexe Gemengelage der seit langem erfolgenden Veränderungen. Wenngleich es auch Ursachen außerhalb der Landwirtschaft gibt, spielt die Art und Intensität der Landnutzung die Hauptrolle. Die oft thematisierten Pestizide sind relevant, aber auch viele weitere Faktoren wie das Düngungsniveau, die Abstände zwischen den Arbeitsgängen, Fruchtfolgen und pflanzenbauliche Maßnahmen, der Landschaftswasserhaushalt, technischer und züchterischer Fortschritt, die computergestützte „Präzisionslandwirtschaft“ und ein zunehmender Trend zur Homogenisierung auf den Nutzflächen. Nicht alle Faktoren wirken auf allen Flächen, aber schon einzelne Faktoren können lokal den Bruterfolg limitieren oder ganz verhindern und dadurch zum Bestandsrückgang beitragen.
Anhand von mehr als 300 Literaturquellen, darunter vielen Metaanalysen, lassen sich die Zusammenhänge zunehmend deutlich erkennen und immer wieder bestätigen. Zudem ist anhand vieler Veröffentlichungen sichtbar, dass die Veränderungen bereits seit vielen Jahrzehnten stattfinden und nicht erst mit der Wahrnehmung des Insektensterbens in den letzten Jahren begannen. So ist eine Reihe von Brutvogelarten schon deutlich vor dem Untersuchungszeitraum aus der brandenburgischen Agrarlandschaft verschwunden. Dazu gehören Arten wie Kornweihe und Birkhuhn, die in Brandenburg gar nicht mehr vorkommen, aber auch Saatkrähe oder Haubenlerche, die nur noch im Siedlungsraum brüten.
Der Kiebitz (Vanellus vanellus) als Wappenvogel der brandenburgischen Vogelschutzwarte hat in unserem Bundesland zwischen 1992 und 2016 um 66 Prozent abgenommen.
Das Dilemma und der grundlegende Konflikt bestehen darin, dass auch die rechtskonforme Bewirtschaftung („ordnungsgemäße Landwirtschaft“) zu gravierenden Beeinträchtigungen der biologischen Vielfalt führen kann. Bei zunehmenden Erträgen steigt die Wahrscheinlichkeit solcher Effekte. Umso wichtiger ist es, die pflanzenbaulichen und ökologischen Zusammenhänge zu verstehen. Nur so lassen sich Schlussfolgerungen ziehen, die den Fortbestand leistungsfähiger Betriebe garantieren und trotzdem biologische Vielfalt ermöglichen. Klar ist jedoch, dass sich Höchsterträge und biologische Vielfalt auf ein und derselben Fläche ausschließen.
Die bisher ergriffenen Maßnahmen einschließlich der Förderung des Ökolandbaus, bei dem Brandenburg bundesweit an vierter Stelle rangiert, haben für eine Trendumkehr auf Landesebene nicht ausgereicht. Daher besteht dringender Handlungsbedarf, die Situation zu verbessern. Von den Ergebnissen unserer Analyse ausgehend, müssen auch Gegenmaßnahmen inhaltlich breit angelegt sein und auf großer Fläche konsequent sowie langfristig stattfinden. Nur so können sie auf Landesebene wirksam sein. Deutschlandweit und darüber hinaus gibt es ermutigende Fallbeispiele gemeinsam mit engagierten Landwirten. Die Ursachen für lokal beziehungsweise regional positive Bestandsentwicklungen sind umfassend untersucht und lassen sich gut in agrarpolitische Rahmenbedingungen und künftige Agrar-Umwelt-Programme übersetzen. Die Funktionalität des ländlichen Raumes kann sich dabei auch mit Vorteilen für die Landwirtschaft selbst verbessern. Die Zahlen aus dem Vogelmonitoring werden zeigen, ob die ergriffenen Maßnahmen tatsächlich der Artenvielfalt dienen.
Vögel der Agrarlandschaft
Die Vögel der Agrarlandschaft nehmen gegenüber den anderen Lebensraumtypen überproportional ab. Daher wird in Brandenburg sowie in ganz Deutschland schon seit Jahrzehnten versucht, über Agrar-Umwelt-Programme, Ökolandbau und spezielle Schutzprogramme den Rückgang zu stoppen. Diese Programme sind lokal erfolgreich, aber können sie den negativen Trend insgesamt stoppen?
Um dies zu klären, wurden in der Vogelschutzwarte vierzig nach festgelegten Kriterien ausgewählte typische Brutvogelarten der Brandenburger Agrarlandschaft und deren Bestandsentwicklung von 1995 bis 2016 näher untersucht. Die Ergebnisse füllen ein ganzes Doppelheft der Zeitschrift „Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg“ (LANGGEMACH et al. (und andere) 2019). Dazu trug auch eine sehr umfassende Ursachendiskussion unter Beteiligung zahlreicher Fachleute bei. Diese bemühen sich seit vielen Jahren um Brückenschläge zwischen Landwirtschaft und Naturschutz und brachten auch viel landwirtschaftlichen Sachverstand ein.
Die Bilanz hat sich gegenüber der letzten Auswertung der Agrarvogeldaten zehn Jahre zuvor (LANGGEMACH & RYSLAVY 2010) weiter verschlechtert. Dies wurde verstärkt durch die Aufhebung der konjunkturellen Stilllegungen 2007 und die weitere Entwicklung der energetischen Biomassenutzung seitdem. Für den 22-jährigen Zeitraum ergab sich eine Gesamtabnahme um 42,2 Prozent bzw. 2,6 Prozent pro Jahr. Dabei wurden fünf Arten aus der Berechnung ausgeschlossen, da ihre Trends durch laufende Bestandsstützung und/oder intensives Bruterfolgsmanagement beeinflusst sind. Dies sind Wiesenweihe, Schreiadler, Fasan, Großtrappe und Steinkauz. Die stabilen bis zunehmenden Trends dieser Arten sind zwar als Erfolg der Managementmaßnahmen anzusehen, sie reflektieren jedoch nicht die Situation der Agrarlandschaft.
Von den 35 übrigen Arten zeigten 22 (63 Prozent) durchschnittliche jährliche Bestandsabnahmen um mehr als 1,0 Prozent, wobei 16 Arten sogar zwischen 3,0 und 13,5 Prozent jährlich abnahmen. Nur fünf Arten (14 Prozent) wiesen mittlere jährliche Zunahmen um mehr als 1,0 Prozent auf, und acht Arten (23 Prozent) waren im Bestand stabil. Der Anteil abnehmender Arten ist unter den Insektenfressern und bei den Feuchtgrünland-Arten wesentlich höher als im Durchschnitt aller betrachteten Agrarvogelarten. Bei den Bodenbrütern und Langstreckenziehern liegt er nur leicht über dem Gesamtmittel.
Parallel zu diesen überwiegend negativen Trends haben die Erträge bei den meisten Kulturarten im Untersuchungszeitraum zugenommen. Dies ist der Ansatzpunkt der Ursachenanalyse zu den Bestandsrückgängen. Im Ergebnis zeigt sich eine überaus vielfältige und komplexe Gemengelage der seit langem erfolgenden Veränderungen. Wenngleich es auch Ursachen außerhalb der Landwirtschaft gibt, spielt die Art und Intensität der Landnutzung die Hauptrolle. Die oft thematisierten Pestizide sind relevant, aber auch viele weitere Faktoren wie das Düngungsniveau, die Abstände zwischen den Arbeitsgängen, Fruchtfolgen und pflanzenbauliche Maßnahmen, der Landschaftswasserhaushalt, technischer und züchterischer Fortschritt, die computergestützte „Präzisionslandwirtschaft“ und ein zunehmender Trend zur Homogenisierung auf den Nutzflächen. Nicht alle Faktoren wirken auf allen Flächen, aber schon einzelne Faktoren können lokal den Bruterfolg limitieren oder ganz verhindern und dadurch zum Bestandsrückgang beitragen.
Anhand von mehr als 300 Literaturquellen, darunter vielen Metaanalysen, lassen sich die Zusammenhänge zunehmend deutlich erkennen und immer wieder bestätigen. Zudem ist anhand vieler Veröffentlichungen sichtbar, dass die Veränderungen bereits seit vielen Jahrzehnten stattfinden und nicht erst mit der Wahrnehmung des Insektensterbens in den letzten Jahren begannen. So ist eine Reihe von Brutvogelarten schon deutlich vor dem Untersuchungszeitraum aus der brandenburgischen Agrarlandschaft verschwunden. Dazu gehören Arten wie Kornweihe und Birkhuhn, die in Brandenburg gar nicht mehr vorkommen, aber auch Saatkrähe oder Haubenlerche, die nur noch im Siedlungsraum brüten.
Der Kiebitz (Vanellus vanellus) als Wappenvogel der brandenburgischen Vogelschutzwarte hat in unserem Bundesland zwischen 1992 und 2016 um 66 Prozent abgenommen.
Das Dilemma und der grundlegende Konflikt bestehen darin, dass auch die rechtskonforme Bewirtschaftung („ordnungsgemäße Landwirtschaft“) zu gravierenden Beeinträchtigungen der biologischen Vielfalt führen kann. Bei zunehmenden Erträgen steigt die Wahrscheinlichkeit solcher Effekte. Umso wichtiger ist es, die pflanzenbaulichen und ökologischen Zusammenhänge zu verstehen. Nur so lassen sich Schlussfolgerungen ziehen, die den Fortbestand leistungsfähiger Betriebe garantieren und trotzdem biologische Vielfalt ermöglichen. Klar ist jedoch, dass sich Höchsterträge und biologische Vielfalt auf ein und derselben Fläche ausschließen.
Die bisher ergriffenen Maßnahmen einschließlich der Förderung des Ökolandbaus, bei dem Brandenburg bundesweit an vierter Stelle rangiert, haben für eine Trendumkehr auf Landesebene nicht ausgereicht. Daher besteht dringender Handlungsbedarf, die Situation zu verbessern. Von den Ergebnissen unserer Analyse ausgehend, müssen auch Gegenmaßnahmen inhaltlich breit angelegt sein und auf großer Fläche konsequent sowie langfristig stattfinden. Nur so können sie auf Landesebene wirksam sein. Deutschlandweit und darüber hinaus gibt es ermutigende Fallbeispiele gemeinsam mit engagierten Landwirten. Die Ursachen für lokal beziehungsweise regional positive Bestandsentwicklungen sind umfassend untersucht und lassen sich gut in agrarpolitische Rahmenbedingungen und künftige Agrar-Umwelt-Programme übersetzen. Die Funktionalität des ländlichen Raumes kann sich dabei auch mit Vorteilen für die Landwirtschaft selbst verbessern. Die Zahlen aus dem Vogelmonitoring werden zeigen, ob die ergriffenen Maßnahmen tatsächlich der Artenvielfalt dienen.